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Mai-Juni 2021

Fatih goes online

Die Partnerschaft hat ihre Reihe von Online-Vorträgen erfolgreich fortgesetzt. Unser Mitglied Lutz Schauerhammer und seine Frau stellten im April die Werke eines Istanbuler und eines Frankfurter Dichters aus dem 18. Jahrhundert gegenüber. Sie zeigten, wie trotz aller Unter-schiede der große Goethe seine Meinung „Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“ auch aus dem Werk von Scheich Galip bezog.

Im Mai führte Murat Yalcin aus Istanbul durch 15 Jahrhunderte der Hagia Sophia in Fatih. Einst größte Kirche der Christenheit hat ihre Pracht den muslimischen Sultan Mehmet Fatih bei der Eroberung von Istanbul 1453 so beeindruckt, dass er sie stehen liess und als Moschee weiter nutzte. Bis heute hat sie viele Erdbeben und manchen Herrscher überstan-den. Unser Präsident freute sich über das Interesse von 45 Teilnehmern an seiner Lieblings-kirche. Er lädt Sie herzlich zu unseren weiteren Online-Vorträgen ein (siehe unter Termine).

 

Schulen bringen das meiste Leben

Unser wichtigstes Ziel ist der Austausch zwischen den Partnerstädten. Zweifellos beleben  die Schulen diesen am stärksten. Bereits vor der Vereinbarung der Partnerschaft mit Fatih im September 2012 gab es zwei Schulkontakte. Dem Verein gelang es später, weitere zu knüpfen. Wir fassen die Kontakte mal zusammen:

 

Der älteste Schulkontakt besteht zwischen dem Gymnasium Oranienschule in Wiesbaden-Mitte und dem Cagaloglu Anadolu Lisesi (CAL) in Fatih. Er ist heute noch der Aktivste (Foto v.m.: CAL-Direktor in 2016 Necati Yener). Schon seit Anfang der 2000-er Jahre besuchten sich Schüler der zehnten Klassen gegen-seitig. Die Dichterpflänzchen organisierten Poesiefesti-vals im Wechsel, unser Verein vier Auftritte des Mäd-chenchors des CAL in Wiesbaden. Und die Fatiher Schüler improvisierten hier bei ihrem Besuch, der ungeplant auf einen Tag der offenen Tür traf, einen grandiosen Bühnenauftritt. Zuletzt waren Dir. Joachim Ackva und Kristina Wagner von der Oranie sowie Deutschlehrer Christian Bezdekovsky und Musiklehrerin Belma Ugurlu Özkan vom CAL sehr engagiert.

 

2011 hat unser Mitglied Ex-Oberbürgermeister Müller einen Kontakt zwischen der Geschwister-Scholl-Schule in Klarenthal und der Beyazit Ford Otosan Schule in Fatih vermittelt. Die Schule in Fatih wurde von unserer Vizepräsidentin Ende 2012 und von der Schulleiterin Verena Böhm (Foto m.) im Frühjahr 2013 besucht. Zehn Lehrer der Ford Otosan-Schule mit Murat Kücükoglu (Foto li.) machten 2014 einen Gegenbesuch in Wiesbaden.

Und die Schüler schrieben sich herzliche Briefe.

 

Als die Friedrich-Ebert-Schule in Südost im Jahr 2014 Interesse an einer Partner-Berufsschule in Fatih anmeldete, fand der Verein das Sultanahmet Meslek Lisesi bereit, das bereits seit 1868 für Handwerk und Industrie ausbildet. Die Schulen starteten gemein-sam ein Erasmus-Projekt zum Austausch in Automation und Informatik. Die Lehrer besuchten sich gegenseitig und fünf Wiesbadener Azubis hatten wunderbare Praktika in Istanbul. In 2017 lud unser Verein Reinhold Scheftner von der FES, Memet Cam und Aydin Kilinc vom Meslek Lisesi in das Wiesbadener Lumen ein (Foto 1.,2. und 5. v. r.). Die Schulleiter waren Direktor Spiekermann und Direktor Muhitdin Kara.

 

Der Bundesligist Volleyballclub Wiesbaden suchte in 2017 Teilnehmer für sein Internatio-nales Jugendturnier. Unsere Istanbuler Partner leiteten unsere Anfrage an die Mittelschule Istanbul Erkek Lisesi Vakfi (IELEV) in Fatih weiter. Die IELEV schickte zwei Mädchen-Teams zum Turnier nach Wiesbaden, wo sie natürlich mit ihrer nur gelegentlichen Praxis

im Schulsport mit den Vereinsprofis nur schwer mithalten konnten. Wir haben Ihnen herzlich für ihren Mut gedankt. Vom IELEV halfen uns vor allem die Frauen Hale Aydogan Islak und Fidan Karakus. Beim Besuch in Fatih 2018 besuchten wir die Schule und parlierten mit Madame la Directrice, die aufwuchs als Französisch noch in war. Zum Abschied durften wir die Schulkantine besuchen und die dort üblichen Speisen probieren.

 

Im Jahr 2019 half die Ex-Wiesbadenerin und nun Deutschlehrerin am Istanbul Lisesi, Jasemin Vardar-Douma (Foto r.), einen Kontakt herzustellen. Diese Eliteschule ist eine von nur dreien in der Türkei mit einer Akkreditierung der deutschen Zentralstelle für Auslandsschulen. Die Dichterpflänzchen organisierten dort ein Poesiefest, bei dem auch der Mädchenchor des CAL auftrat. Im Gespräch des Ehepaares Schauerhammer (Foto 1.u.2. v.l.) und unseres Präsidiums mit Direktor Fatih Güldal (Foto 4.von li.) zeigte sich dieser an einer Fortsetzung unseres Kontaktes interessiert.

 

Neben den längerfristigen Schulkontakten gab es auch viele Einzelbesuche. So wurde das Gynasium Gutenbergschule im Mai 2013 vom CAL, den Stadtpolitikern und Ozan Ceyhun in Fatih empfangen. Das Jugend-Kunst-Atelier Sulukule mit Selin Top (Foto 2014 r.) war mehrfach im Wiesbadener Rathaus. Fatiher Schüler besuchten auch die Kleistschule. Wir besuchten wiederum eine Werkstatt für Behinderte in Fatih. Ferner trafen wir das vom Sozialamt eingeladene Youth Center der Istanbul Bilgi Universität und diverse andere Jugendgruppen aus Istanbul und Bursa in Wiesbaden.

CAL-Direktor in 2016 Necati Yener

Ford Otosan-Schule mit Murat Kücükoglu und Schulleiterin Verena Böhm

Reinhold Scheftner von der FES, Memet Cam und Aydin Kilinc vom Meslek Lisesi

Zwei Teams und Lehrer der IELEV

Das Jugend-Kunst-Atelier Sulukule mit Selin Top

Ein Istanbuler in Wiesbaden vor 160 Jahren

Rund um die Biebricher Villa (Bild), in der Richard Wagner damals wohnte, kam es zu einem Treffen von Cosima und Hans von Bülow mit einem Istanbuler. Am 16. Fe-bruar 1861 schrieb der ebenso kultivierte wie musikbegeisterte osmanische Diplomat am preu-ßischen Hof, Yanko Aristarchi (1822–1897), nach der Begegnung in sein Tagebuch: "Soirée musicale chez Mme. de Schack. J’y cause avec Mme. Cosima de Bülow, fille spirituelle de List [sic] et bonne pianiste. Son originalité frise l’ex-centricité que le caractère de son mari n’est certes pas fait pour contenir."

Der geübte Menschenkenner aus Istanbul traute Hans von Bülow nicht zu, die "Exzentrizität" Cosimas dauerhaft befriedigen zu können. Und so kam es dann auch einige Jahre später, als sie sich von ihrem Mann trennte, um 1870 Wagner zu heiraten, den Sie bereits lange vorher als Seelenpartner erkannte.

Es ist nicht überliefert wie häufig sie sich noch begeg-neten. Jener osmanische Gesandte Aristarchi Bey aus Berlin aber hatte Biebrich bereits 1857 schätzen gelernt, als er seine Verlobte in Mainz besuchte und Ausflüge in die Umgebung machte: "Excursion à Biebrich pour visiter le beau parc du duc de Nassau au bord du Rhin. Situation unique." Nach dem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst wollte Aristarchi seinen Lebensabend am Rhein verbringen, in Sichtweite von Mainz und seiner nunmehr angedrauten Gattin Anna von Bonin.

Er kaufte das Anwesen in Biebrich 1867, als Wagner schon längst weitergezogen war zum Hof von König Ludwig II., in dem er seinen freigiebigen Fürsten gefunden hatte. Der osmanische Diplomat sah sich jedoch 1889 gezwungen die Villa zu verkaufen und nach Paris überzusiedeln. Die neuen Käufer waren gerade wohlhabend geworden mit ihrer Fabrik für Zement in Amöneburg, kurz hinter der Ortsgrenze von Biebrich. Sie lieferte auch Zement für die Pfeiler der ersten Bosporusbrücke in Istanbul. Die Villa Annica ist seitdem im Besitz der Familie Dyckerhoff un d ein Ururenkel von Rudolf Dyckerhoff lebt noch heute darin.

(Text: Mario Bohrmann, Foto: Richard-Wagner-Stiftung)

 

Kurz notiert in Wiesbaden

„Erste Bürger“ stammen aus der Türkei

Im Rahmen der hessischen Kommunalwahlen wurden in der Region Rhein-Main mehrere türkische Migranten zu Vorsitzenden der Stadtparlamente gewählt. So wurden Frau Hilime Arslaner Vorsteherin in Frankfurt und Herr Yücel Akdeniz Vorsteher in Darmstadt. Damit sind sie protokollarisch erste Bürger dieser Städte. Und unsere Vizepräsidentin Nedret Altintop-Nelson vertritt mit der Frauenpower von vier weiteren Damen den neuen Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Obermayr in Wiesbaden. Wir gratulieren herzlich.

Merkel will weiter mit der Türkei sprechen

Merkel will weiter mit der Türkei sprechen

Im Europarat erklärte die Bundeskanzlerin, zwar habe das EU-Türkei-Abkommen „viel Gutes erreicht“ und „die Türkei setzte Zeichen der Deeskalation“ aber leider gebe es immer noch „zum Teil tiefe Meinungsverschiedenheiten“. Sie will dennoch weiter in Kontakt bleiben, denn „Sprachlosigkeit in den Beziehungen zur Türkei hilft uns nicht weiter“. Wohl wahr.

Kurz notiert in Istanbul

Verein Mitglied der „Brücke“

Die Partnerschaft ist dem Verein für Deutschsprachige in Istanbul „Die Brücke“ beigetreten. Der Präsident stellte uns mit dem Artikel „Wiesbaden und Fatih acht Jahre Partner“ im Infomagazin der Brücke 02-03.2021 vor und folgte einer Stadtführung in Istanbul auf Zoom.

 

Erster Preis für IELEV Gymnasium

Den weltweiten Wettbewerb „Erinnern für die Gegenwart – online“ der Deutschen Auslands-schulen gewann die junge Schule mit dem Blog „Diskriminierung in die Augen schauen“ (siehe https://karsilasma.art.blog ). Den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention bedauern wir mit Asli Erdogan, die in der FAS am 25.4.2021 interviewt wurde.

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