NEWS

Januar-Februar 2022

Anwerbung doch gefeiert

Die von uns für den 15. Dezember in Wiesbaden geplante würdige Feier zu 60 Jahren Anwerbung türkischer Gastarbeiter sagte das Rathaus wegen Corona ab. Wir waren sehr trau-rig, da viele unserer Freunde aus Gastarbeiterfamilien stammen und unser Präsident in den 60er Jahren als Praktikant mit Türken in einer Fabrik gearbeitet  hat. Die Stadt Köln hatte sogar zum Festessen im Gürzenich eingeladen. Zum Trost überwies der Stadtverordnetenvorsteher uns eine kleine Spende. Ferner freute uns, dass unser Präsident auf Einladung des Frankfurter Oberbürgermeisters das Jubiläum am 14. Dezember im Kaisersaal des Römers doch feiern konnte. Während OB Feldmann die gelungene Integration lobte, forderte Frau Arslaner mehr Gleichberechtigung für Türkeistämmige. In Wiesbaden und in Frankfurt hatten Töchter aus türkischen Gastarbeiterfamilien die Feiern initiiert, die es bis in die Vorstände der Stadtverordneten geschafft haben.

 

Erst das Studium dann das Vergnügen

Im November präsentierte unser Referent die Anfänge der Istanbuler Universität in Fatih und die Bildungselite zur Zeit von Sultan Mehmed II. Direkt nach der Eroberung Istanbuls 1453 gründete Mehmed an zwei Moscheen Medresen als Vorläufer der Universität. Erst um 1900 wurde sie eine Uni im europäischen Sinne, die in der Nazi-Zeit 16 deutsche Medizin-Profes-soren beschäftigte. Heute hat sie 60.000 Studenten, von denen wir einige getroffen haben.

Den trüben Dezember lockerte Yalcin auf mit der Vorstellung von Pera, dem Nachbarbezirk jenseits des Goldenen Horns. Pera, griechisch „Drüben“, gründeten Genueser im 13. Jh. als Handelskolonie und errichteten eine Festungsmauer mit dem Galata-Turm. Ab 1490 zogen europäische Einwanderer, Botschaften, Schulen und Kliniken nach Pera, wo eine multinatio

nale Freizeit- und Unterhaltungskultur entstand. Vom Meer zum neuen Zentrum auf der Höhe fährt seit 1875 die älteste permanent betriebene Standseilbahn Europas, der Tünel.

 

Wer war Piyer Loti?

Bei unseren Reisen nach Istanbul haben wir eine Reihe von Hotels ausprobiert. Mal war es die Qualität, mal die Umgebung und mal die Lage außerhalb von Fatih, die uns zum Wechsel veranlasste. So landeten wir im Hotel Grand Yavuz an der Piyer-Loti-Straße in Fatih. Der Name begegnete uns auch im Nachbarbezirk Eyüp in einem Café auf dem Hügel mit herrlichem Blick über Fatih und das goldene Horn. Wir entdeckten, dass dahinter Pierre Loti steckte, der als Julien Viaud 1850 in Hendeye im Baskenland geboren und 1923 auf der Ile d’Oleron begraben wurde. Als französischer Marineoffizier kam er in der Welt herum. Er erforschte Land und Kultur u.a. in der Türkei, Ägypten, Indien, China und Japan. Der König von Tahiti gab ihm übrigens den Rufnamen Loti.

Loti war ein sehr produktiver Autor. In seinem ersten Buch „Eyoub a deux“ beschrieb er 1879 seine Liebe zur jungen Hatice in Eyüp. Weitere mehrjährige Auf-enthalte in Istanbul folgten, seiner ville unique du monde (einzigartige Stadt der Welt). Loti gab sich nicht nur in Istanbul als Türke sondern richtete auch im Baskenland einen türkischen Salon ein. Sein Biograf Atabinen nannte ihn einen „heroischen Freund der Türken“ und die Stadt Istanbul ernannte ihn zum Ehrenbürger. Ein Essen beim türkischen Sultan und ein Dankesbrief von Kemal Atatürk folgten. Seine Texte wurden später als zu sentimental empfunden und sein Ruf als Schriftsteller verblasste.

 

Türkische Wirtschaftskrise trifft Freunde

Die Talfahrt der türkischen Lira hat sich 2021 mit hohem Tempo fortgesetzt. Seit dem 1. Januar hat der Lira-Kurs 44 % gegenüber dem Euro verloren. Parallel stieg die Inflation im Dezember um 36 % zum Vorjahr, bei Lebensmitteln und Strom noch mehr. Dieser höchste Stand seit zwanzig Jahren geht auch auf die Finanzpolitik zurück. Verzweifelte Reaktionen der Politiker reichen vom Hinweis auf das islamische Zinsverbot über Sparvorschläge beim Essen und Heizen bis zum Versprechen, Verluste der Sparer auszugleichen. Die uns eng verbundene Künstlerin Nilhan schreibt: „I have descrybed my situation in Turkey and clearly we are in a very dramatic economic situation. Now I ask help from my close friends abroad to get through this difficult period  because the Turkish Lira is worthless right now and we have no purchasing  power. I hope me and my family will find a solution soon. I love you all and send my sincere love, Nilhan.” Sie können ihr helfen mit dem Kauf eines Werkes bei ihrer Galeristin Brigitte Haasner. Siehe www.galerie-haasner.de .

 

Kurz notiert in Wiesbaden

 

Deutsch-türkische Fachtage zu freiwilligem Engagement

Vom 8. Oktober bis 25. November 2021 organisierte die Fachstelle für internationale Jugend-arbeit (IJAB) drei Konferenzen. Abgesehen von Stiftungen entwickelte sich unentgeltliches Engagement in beiden Ländern unterschiedlich. Deutschland hat heute rund 30 Mio Ehren-amtler, die sich immer weniger in Vereinen aber mehr in informellen Projekten engagieren. Die Türkei hat weniger Ehrenamtler und kaum gesetzliche Regeln für sie. Die türkische Regierung fördert nun das Ehrenamt. Sie rief 2019 ein Jahr der Freiwilligkeit aus und hat eine von den UN ausgezeichnete Plattform für Angebote und Nachfragen eingerichtet.

 

Treffen zum Jahresende

Zum Jahreswechsel luden wir statt zu Weihnachts-feier und Neujahrsempfang wieder zu einem zwanglosen Treffen der Mitglieder am Jahresende ein. Am 8. Dezember schauten wir im Restaurant Symposion. bei griechischen Speisen auf das nicht einfache Jahr 2021 zurück (li.). Und hofften darauf, dass wir im Jahr des 10-jährigen Bestehens der Partnerschaft 2022 unsere Partner aus Fatih wie-der physisch treffen können. Der Vorstand freute sich auch über zwei prominente neue Mitglieder.

 

Lehrer aus Fatih besuchen Wiesbaden später

Vom 17. bis 21.Januar 2022 wollte eine Delegation türkischer Lehrer des Cagaloglu Anadolu Lisesi an der Oranienschule hospitieren und mit ihren Kollegen die Wiederaufnahme des Schüleraustausches planen. Wir hatten bereits ein Rahmenprogramm organisiert und einen Zuschuss zu den momentan hohen Reisekosten bereitgestellt. Wegen der Corona-Auflagen mussten wir das Treffen leider auf den Juni 2022 verschieben.

 

Kurz notiert in  Istanbul

 

Menschen-Brücke in Istanbul

Um die Vernetzung in Istanbul zu unterstützen und Aktuelles aus der Metropole zu erfahren, ist unsere Partnerschaft dem Kultur- und Wohltätigkeitsverein Die Brücke eV beigetreten. Alle zwei Monate gibt sie das Infomagazin BRÜCKE für Deutschsprachige in der Türkei heraus. Mit einem um-fassenden Überblick über Veranstaltungen, Analysen, Berichten und Tipps aus Istanbul. Der Prä-sident hat sich den Mitgliedern der Brücke vorgestellt (li.).

 

Belma lernt Deutsch

Unsere Freundin Belma Özkan ist so von Deutschland, vermutlich auch von Wiesbaden und uns, angetan, dass Sie einen Kurs in der deutschen Sprache belegt hat. Sie hat ihn auch erfolgreich absolviert (re.). Wir gratulieren und freuen uns sehr auf ihren nächsten Besuch.

 

Literaturtipp

Deniz Lamby:Töchter Anatoliens

Unser Mitglied Deniz hat ein wunderbares Kochbuch geschrieben. Und ihre Freundinnen haben Rezepte der weltberühmten Küche beigetragen. Sie alle sind Töchter Anatoliens. Der Untertitel verrät, dass es viel mehr als ein Kochbuch ist. Neben einem Vorwort des türkischen Spitzengastronomen, Osman Sezener, enthält es kurzweilige Infos zu Geschichte und Küche der Türkei. Mehr zum Buch Deniz Lamby: Töchter Anatoliens, Kultur & Kulinarik aus Kleinasien, Wiesbaden 2021, bei cdlamby@t-online.de .

 

 

Frankfurter Stadtv.vorst. Arslaner-Goelbasi, OB Feldmann, Generalkonsul Tuncer (v.l.) im Römer

Lotis türkischer Salon in Dornac

Loti in der Academie Francaise

Ehrengast Turgut Yüksel (MdL Hessen, 5.v.l.) und Mitglieder im Symposion

ARCHIV

Copyright © 2014-2021Partnerschaft Wiesbaden-Istanbul/Fatih. Alle Rechte vorbehalten. || info(at)wiesbaden-fatih(dot)de || IMPRESSUM || DATENSCHUTZ